Sie beginnen den Stadtrundgang am Rosental, wo Sie die imposanten Mühlentürme der ehemaligen Wurzener Krietschwerke bestaunen können. Wohl kaum ein Bauwerk der Stadt ist so (ein-)prägsam wie die beiden Türme, welche die Stadt Wurzen schon weithin am Horizont erkennen lassen. Hier setzen heute zwei renommierte Unternehmen die Produktion von Nahrungsmitteln an diesem traditionellen Standort fort.
Über die steilen Schultreppen gelangen Sie direkt auf den Domplatz. Links steht die 1881 errichtete Mädchenschule, später Diesterweg-Oberschule, danach Gymnasium und seit 1998 Berufliches Schulzentrum. Das sich östlich anschließende Gebäude mit Treppenturm und Sitznischenportal stammt aus dem 16. Jahrhundert. Das einstige Stiftsgebäude nahm 1819 einen Teil der Wurzener Garnison auf. Darauf führt seine heutige Bezeichnung „Alte Kaserne" zurück.
Rechts daneben liegt das Kultur- und BürgerInnenzentrum D5. Bis 1581 war das Gelände Teil eines Domherrenhofes. Im Dreißigjährigen Krieg zerstört, wurde es als Wohnhaus wieder errichtet und von Würdenträgern genutzt. Im 19. Jahrhundert wurde das Gebäude zur Stadtvilla des Industriellen August Schütz (Wurzener Velourstaub-Tapetenfabrik) umgebaut, später war es eine sonderpädagogische Tagesstätte.
Gleich daneben grenzt direkt an den Westchor des Domes ein ehemaliges Stiftsgebäude, die Alte Kustodie. Es ist das Geburtshaus des Fabeldichters Magnus Gottfried Lichtwer (1719 bis 1783).
Nun blicken Sie auf den ehrwürdigen Dom „St. Marien", einen der ältesten und interessantesten Sakralbauten Sachsens. Bereits 1114 als Marienkirche durch Bischof Herwig von Meißen geweiht, hat er im Laufe der Jahrhunderte mancherlei Wandlungen durchmachen müssen. Bischof von Salhausen ließ 1513 den Bau vollenden. Nach dem Dreißigjährigen Krieg erhielten die Türme ihre Hauben im Stil des Barock. 1817 erfolgte eine Domerneuerung im neugotischen Stil. 1931 bis 1932 bekam der Dom sein heutiges Aussehen.
Das Schloss Wurzen befindet sich nördlich des Domes. Der Bischof von Salhausen ließ den Bischofssitz in den Jahren 1491 bis 1497 im Stile der sächsischen Spätgotik bzw. Frührenaissance errichten. Es ist ein Übergangswerk von der mittelalterlichen Wehrburg (erkennbar am Schlossgraben und der einstigen Zugbrücke) zum gotischen Renaissanceschloss. Zwei starke Türme und ein tiefer Schlossgraben verleihen dem Bauwerk noch heute einen trutzigen Charakter. Bis zum Jahr 1581 war es das Residenzschloss der Meißener Bischöfe. Einst Amtsgericht und Polizeirevier beherbergt das historische Gemäuer heute ein Schlosshotel.
Sie gehen nun über den Amtshof in die Schuhgasse, streifen den Markt, bewundern einen der Anknüpfungspunkte an einem Hausgiebel am Anfang der Jacobsgasse, bummeln durch jene und gelangen an die Stelle, wo einst das Jacobstor stand. Das Tor, welches 1839 abgerissen wurde, war ein rundbogiger breiter Durchlass durch die Stadtmauer.
Im Bereich des Badergrabens befinden Sie sich im Tal eines kleinen Baches, der Rietzschke. Der einst offene Wasserlauf fiel der Stadtplanung zum Opfer. Heute plätschert die Rietzschke in Rohren unter der Straße entlang in Richtung Mulde. Im Badergraben wurden seit dem Mittelalter Fischteiche angestaut. Das Gelände blieb dann lange Zeit versumpft, bis die auch als Badeteiche (anliegende Baderei) genutzten Gewässer ab Mitte des 19. Jahrhunderts trockengelegt und zugeschüttet wurden.
Auch den „Jahrtausendstein" finden Sie im Badergraben . Die Bürger der Stadt möchten mit diesem Mahnmal an die Opfer von Kriegen und politischer Gewalt im vergangenen Jahrhundert erinnern. Die linksseitige Bebauung mit den Rahnschen Häusern, einem schönen Jugendstil-Gebäudeensemble, wurde erst nach 1900 realisiert.
Hoch über den Dächern der Stadt Wurzen erhebt sich auf dem Sperlingsberg der mächtige Bau der Stadtkirche St. Wenceslai. Die Geschichte des Gotteshauses ist hochinteressant und vielseitig. Die Kirche wurde ursprünglich bereits in der Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet. Sie brannte zweimal nieder. Der Neuaufbau als dreischiffige Hallenkirche wurde 1689 vollendet. Ihr mächtiger Westturm ist Teil der imposanten Stadtsilhouette Wurzens. Im 52 Meter hohen Turm lebte bis 1911 der Türmer. Die liebevoll restaurierte Türmerwohnung wurde für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Kirchenschiff wird unterdes häufig für Ausstellungen genutzt. Auch hier ist neben der Kirche ein Anknüpfungspunkt "Belesen - Ausnähen" installiert.
Die Postmeilensäule passieren Sie im Kreuzungsbereich Wenceslaigasse/Crostigall/Dresdener Straße. Die 1984 wieder aufgestellte Distanzsäule ist ein interessanter Zeitzeuge sächsischer Postgeschichte und kündet von der Lage Wurzens an bedeutenden Handelsstraßen.
Das barocke Gebäude aus dem Jahr 1678, welches Sie am Crostigall passieren ist das Geburtshaus von Joachim Ringelnatz, der dort am 7. August 1883 zur Welt kam. Von 1983 bis 1994 befand sich hier die einzige Ausstellung Deutschlands, die Einblick in Leben und Werk des bekannten Künstlers vermittelte. Diese finden Sie heute modern aufbereitet im Museum in der Domgasse. Beidseitig neben dem Ringelnatzhaus sind weitere Anknüpfungspunkte zu finden.
Ebenfalls am Crostigall finden Sie ein bemerkenswertes Zeugnis sächsischer Verkehrsgeschichte, das Kursächsische Posttor zur ehemaligen Posthalterei mit dem königlich-polnischen/kurfürstlich-sächsischen Doppelwappen von 1734.
Ihr Weg führt Sie nun durch die verträumte Postgasse und die Färbergasse vorbei an dem Anknüpfungspunkt "Der fliegende Teppich" auf die malerische Wenceslaigasse, eine der Geschäftsstraßen Wurzens. 1993 wurde diese Gasse umfangreich saniert. Hier in der Wenceslaigasse/Ecke Färbergasse erinnert Wurzen an den ehemaligen Wohn- und Geschäftshäusern mit Stolpersteinen an das Schicksal der jüdischen Einwohner der Stadt. Von hier aus gelangen Sie geradewegs auf den Wurzener Marktplatz.
Der Markt wurde vor dem 13. Jahrhundert zwischen Domfreiheit und Altstadt angelegt. Sein Gesamtbild wird noch heute von Häusern Ende des 19. Jahrhunderts geprägt. Aber auch Gebäude des 17. und 18. Jahrhunderts blieben erhalten. An der Nordseite des Marktes befindet sich ein 1998 restauriertes Wohn- und Geschäftshaus („Goldener Adler") mit einem steinernen Adler, welches einst ein vielbesuchter Gasthof war. Das mit einem schönen Erker versehene, ehemalige Hotel „Pippig" auf der Westseite des Marktes war früher eine der ersten Adressen der Wurzener Gastronomie. Für besonderes Flair sorgen die historisch anmutenden, in Wurzen hergestellten Kandelaber. Der Marktplatz ist damals wie heute Austragungsort vielfältiger Veranstaltungen und des Wochenmarktes.
Ein weiterer Anziehungspunkt auf dem Markt ist der Ringelnatzbrunnen, ein Trogbrunnen, der dem Künstler Joachim Ringelnatz gewidmet ist.
In dem 1519 erstmalig erwähnten „Alten Rathaus" befanden sich Anfang des 19. Jahrhunderts: Bürgermeister- und Ratsstuben, Richterstube, Ratskeller und die öffentliche Waage. 1995 erfolgte der Abschluss einer umfassenden Rekonstruktion. Seitdem beherbergt es die Stadtbibliothek sowie die Städtische Galerie am Markt.
Ihr Blick erfasst nun das bauliche Ensemble der Liegenbank. Der Name ist sicherlich auf „legebank" (Gerichtsbank) zurückzuführen. Das war der Ort, wo Richter oder Schöffe nach deutscher Sitte unter freiem Himmel Recht sprach. Unter der Liegenbank befinden sich Kellergewölbe, die früher als Verkaufsbänke zu Markttagen genutzt wurden.
Auf dem Weg zur letzten Station auf Ihrer Entdeckungstour kommen Sie am vorerst letzten der Anknüpfungspunkte „Teppichblüte" vorbei und gelangen an das Museum, welches sich in einem der bedeutendsten historischen Gebäude der Stadt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts befindet. Das repräsentative Bauwerk ziert ein wieder aufgebauter Volutengiebel, der zentral über der siebenachsigen Fassade prangt. Ein einzigartiger, vierseitig umschlossener Arkadenhof lässt Lesungen und Konzerte in den Sommermonaten zum Erlebnis werden. Die umfangreiche ständige Ausstellung zeigt neben der deutschlandweit bedeutendsten Ringelnatz-Sammlung einmalige Sachzeugen aus der reichen Kunst und Kulturgeschichte unserer Stadt.